Ron Williams spielte Martin Luther King, Nelson Mandela und Harry Belafonte. In seiner aktuellen Bühnenshow „Hautnah“ singt er seine eigenen Lieder, aber performt auch grandios als sein großes Idol Ray Charles. Über meine Begegnung mit Ron Williams letztes Jahr in Cuxhaven berichtete ich bereits im Vorfeld. Nach seiner Show „Hautnah“ traf ich ihn, seine langjährige Managerin Sigrid Grizi und seine Begleitband Jörg Seidl Trio damals noch auf ein Getränk im Störtebeker.
Ron Williams ist nicht nur ein toller Musiker und Schauspieler, sondern auch ein ganz toller Mensch. Er kann so viele Geschichten erzählen. Traurige, lustige, aufmunternde, faszinierende Erzählungen aus seinem bewegten Leben. Er war mit Oskar Lafontaine befreundet und mit Donna Sommer zusammen. Tina Turner hat er vor ihrem Mann Ike beschützt. Er selbst hatte keine gute Kindheit und wurde immer wieder Opfer von rassistischen Übergriffen. Für seinen jahrelangen und andauernden Einsatz gegen Rassismus wurde Ron 2004 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Er ist auch ein sehr guter Imitator. Kein Wunder, dass man 1985 glaubte, dass Ronald Reagan da plötzlich mit Helmut Kohl live in der ARD auftauchte. „Der Tag an dem Reagan kam“. Satire konnte auch schon in den 1980ern einiges. Der Spiegel, u.a. berichtete darüber. Ron fasst die Geschichte am „Tag der Arbeit“ noch mal mit seinen Worten, herrlich amüsant und immer wieder von herzlichen Lachanfällen begleitet, zusammen. Beim Westdeutschen Rundfunk war nach dieser Live-Show die Hölle los und da hätte sich so manch ein Beteiligter, u.a. Moderator und damaliger Kulturchef des WDR Hansjörg Rosenbauer, ein Liedchen mit der „Umweltsau“ nur gewünscht. Es war der Skandal, der sich international und wochenlang in der Presse festsetzte. Die Bundesregierung verlangte für die „angebliche Satire“ und Beleidigung eine offizielle Entschuldigung des Senders. Der Entertainer musste sich viele negative Stimmen anhören, aber die Mehrheit war begeistert und vor allem war er in aller Munde. Aber das erzählt er jetzt mal lieber selbst…
Ron: Wir haben damals für den WDR einen Sketch geprobt, 1985, als Ronald Reagan mit seiner Frau Nancy nach Köln kam. Das war eine dreistündige Live-Sendung am Tag der Arbeit. Hansjürgen Rosenbauer war der Moderator der sogenannten „Mai-Revue“. Ich war mit meiner Band eingeladen, um unsere Platte vorzustellen. Wir sollten ein paar Songs gemeinsam mit dem Kabarettisten und Schauspieler Stephan Wald spielen, den ich persönlich sehr gut kannte. Mit ihm habe ich mir dann diesen Sketch ausgedacht. Er konnte Helmut Kohl immer am besten parodieren und ich übernahm die Rolle von Ronald Reagan. Du musst bedenken, dass das alles Live war. Es war eine Schalte geplant, direkt rüber zum Köln-Bonner Flughafen, wo Reagan und seine Frau landeten. Da war neben dem Kanzler auch Außenminister Genscher vor Ort. Dann haben Stephan und ich das Gespräch als Kohl und Reagan angefangen und trugen diese Gesichtsmasken von denen. Das haben wir dann im Studio kurz geprobt. Bei der Live-Show wurde es dann ernst. Die Kameras haben uns per Nahaufnahme festgehalten, so dass man wirklich nur unsere Köpfe mit den Masken sah und die Stimmen dazu hörte. Oh man, das hat damals so eine riesige Welle ausgelöst. (Ron freut sich sehr während der Erzählung und lacht immer wieder). Du wirst das wahrscheinlich nicht mitbekommen haben. Warst du 1985 schon auf der Welt?
Das ist aber ein schönes Kompliment, ja, da war ich elf. Aber ich kann mich tatsächlich nicht daran erinnern.
Ron: Die Sendung geht also los. Der Moderator Rosenbauer sagt: „Wir schalten jetzt live nach Bonn. Airforce One ist gerade gelandet.“ Die Zuschauer sind live dabei und sehen Reagan und Nancy, die aus dem Flugzeug steigen, den anschließenden Empfang auf dem roten Teppich und diesen ganzen Mist. Alle schauen zu und da sitzen nicht wenige vor dem Bildschirm. Stephan und ich sitzen bereits im Studio, als der Moderator Rosenbauer zu den Zuschauern sagt, dass wir nicht darauf warten müssen, dass der Präsident der Vereinigten Staaten zu uns ins Studio kommt. „Wir haben eine Live-Schaltung und können direkt mit Ronald Reagan sprechen“. Helmut Kohl wird sich auch noch dazu schalten. Schnitt, eben noch am Flughafen, wie die beiden ankommen und dann sagt Rosenbauer: „Good Evening Mr. President“. Kamera auf Reagan, also Standbild von mir mit meiner Maske. „Da es bei meinem Besuch um die Versöhnung geht, werden wir nicht zu Fuß über die Gedenkstätte gehen, sondern mit dem Hubschrauber über Berlin und Bergen Belsen fliegen.“ (Im Vorfeld gab es schon eine Diskussion darüber, dass Präsident Ronald Reagan gemeinsam mit Helmut Kohl nicht nur die Kriegsgrabstätte Bitburg besuchen wollte, sondern auch die KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen. Die Kranzniederlegung am Soldatenfriedhof in Bitburg führten zu Unstimmigkeiten, u.a. zwischen SPD und CDU, da dort neben deutschen Wehrmachtssoldaten auch Angehörige der Waffen-SS beerdigt sind.)
Der Moderator dann weiter: „Wir schalten jetzt auch den Bundeskanzler live dazu.“ Und dann sieht man Helmut Kohl. Also Stephan mit Maske, der ihn stimmlich wie immer brillant imitiert, und versucht zu revidieren, was der Präsident gerade von sich gegeben hat. (lacht)
Und das war alles improvisiert?
Ron: Mehr oder weniger. Den Text habe ich kurz vor der Live-Sendung geschrieben. Und dann sage ich als Reagan auch noch so was, wie: „Wir werden ja auch über Berlin fliegen, über das Spandauer Gefängnis und dabei Rudolf Hess grüßen.
Oha.
Ron: Daraufhin schaltet sich natürlich Kohl wieder ein und korrigiert, dass Reagan natürlich nicht Hess meint, sondern den Widerstandskämpfer Ulrich von Hassell (lacht). So ging das eine Weile hin und her. Und jetzt pass auf. Meine Band war während dieser Live-Schaltung oben in der Regie, weil man da rauchen durfte und sie haben dort die Sendung verfolgt. Plötzlich klingelte das Telefon dort ununterbrochen, haben sie uns später erzählt. Eine Lawine der Empörung. Es wurde immer unruhiger im Regieraum. Die Anrufer wollten wissen, wie es sein könnte, dass da der Präsident in der Sendung ist. Sämtliche Journalisten riefen an, das BKA, der Secret Service. Die Redakteure versuchten zu schlichten und sagten, dass es sich um eine Satire-Sendung halte. Das sei nicht der echte Präsident. Sogar die russischen Journalisten haben sich gemeldet. Das reichte, als sie Rudolf Hess hörten. Eigentlich wollten Stephan Wald und ich nur unsere CD promoten, aber dann ging unser Sketch um die ganze Welt. Die CDU und sowieso die ganzen Politiker waren außer sich. Natürlich groß am nächsten Morgen in der BILD: „US-Präsidenten beleidigt“… alles nur „politischer Schwachsinn“. Die Schlagzeilen blieben wochenlang. „Geschmackloses Kabarett“, sogar von „roten Faschisten“ war die Rede.
Günther Grass, Dieter Hildebrandt, das Düsseldorfer Kommödchen mit Lore Lorentz, alle haben sich hinter uns gestellt und gesagt: „Satire darf alles!“ In der Abendzeitung hieß es: „Kanzler fordert Abbitte.“ Sie wollten den Moderator Rosenbauer raus werfen usw. Und ich wurde plötzlich ziemlich bekannt. Dieser schwarze Ami, der ist ja so frech. Ich war schon stolz auf dieses positive Feedback. Dann aber der Hammer: Ein paar Tage später gehe ich in ein chinesisches Restaurant in München und da sitzt Franz Josef Strauß mit zwei Begleitern am Tisch. Er sieht mich und sagt zu mir: „Das war so toll, was Sie da gemacht haben“ (lacht). Das war ein Riesending, sag ich dir. Fritz Pleitgen, den kannte ich damals schon, der war in den 1980ern Korrespondent in den USA und später Intendant beim WDR (1995 – 2007). Den traf ich und wir sprachen über diesen „Skandal“. Pleitgen hatte von Reagans Pressesprecher gehört, dass der es toll fand. Vor allem die Imitation der Stimme. Sogar die New York Times titelte: „German you must stress“. Helmut Markwort vom Focus kam auch noch auf mich zu. Er nahm mich zur Seite und sagt: „Schämen Sie sich nicht, wie Sie damals mit Ihrem Präsidenten Reagan umgegangen sind?“ Und so ging das weiter. Es wurde viel darüber geredet und diskutiert. Wie weit darf Satire gehen? Wie weit darf man das Publikum täuschen? Die haben sich darüber beschwert, was einem als amerikanischer Staatsbürger einfallen würde, seinen Präsidenten so darzustellen. Später hat WDR-Intendant Friedrich Nowotny dann alles im Giftschrank verstaut…
Dann durfte nicht mehr darüber geredet werden?
Ron: Ich habe alle Artikel darüber gesammelt. Ich bin schon stolz darauf. Satire kann alles.
Super Geschichte.
(Ron steckt voll in seinen Erinnerungen. Er schwärmt und blättert in dem Kochbuch von Alfred Biolek, das ich als kleine Erinnerung mitgebracht habe…)
Ron: Der gute Bio. Ich habe damals einige Sendungen mit ihm gemacht.
Ich habe erst gestern noch mal „Alfredissimo“ geschaut, wo du mit ihm Spareribs im Ofen grillst. Das ist sehr schön anzuschauen (Eine herrliche Folge, die man unbedingt hier anschauen sollte.)
So, damit komme ich jetzt auch mal zu meinen Kochfragen… (21:30)
Ron: Ja, mach das.
Obwohl deine Geschichten super sind. Jetzt komme ich mir schon blöd vor mit meinen Fragen…
Ron (lacht). Ich koche sehr gerne.
Wie bist du damals überhaupt zum WDR gekommen?
Ron: Das war über den großartigen Sammy Drechsel, der leider schon verstorben ist, von der Münchner Lach- und Schießgesellschaft. Der hatte mich dort eingeladen, um eine One-Man-Show zu machen. Zuvor bin ich immer schon solo aufgetreten, auch in der Künstlerkneipe („Mutti Bräu“) von Marianne Sägebracht. Dort hat mich Sigi angesprochen und mich dann später Sammy vorgestellt. „Countdown“ (1983) hieß die Show in der Lach- und Schießgesellschaft. Das war ein großer Erfolg. Der heißeste Sommer in München und sechs Wochen lang ausverkauft.
Sigi: Da gibt es aber noch eine Vorgeschichte. Für die Premiere haben wir sehr die Werbetrommel gerührt. Es wurden viele Prominente eingeladen. Zwei Tage vor der Show treffe ich Sammy und der sagt, die Premiere findet nicht statt. Ich blase alles ab.
Oh je, warum?
Sigi: Ich glaube, es war Nervosität, Stress, weil ja viele wichtige Leute eingeladen waren. Letztendlich konnte ich ihn beruhigen und es fand statt. Mit großem Erfolg sogar. Dadurch wurde der WDR auf Ron aufmerksam.
Ron: Und dadurch entstand das Angebot zu Ron-Abend.
(Neben seiner Managerin haben sich mittlerweile auch seine Musiker vom Jörg Seidl Trio zu uns gesellt. Ron erklärt kurz in die Runde, dass ich ihn angeschrieben habe, weil er damals mit meinem Vater beim WDR zusammengearbeitet hat.)
Ron. Ihr Vater hat das Bühnenbild für meine erste Samstagnacht Show beim WDR gemacht. Das war kurz nach der Reagan-Show, 1986.
Du erinnerst dich allerdings nicht so gerne an diese Sendung?
Ron: Nein. Das ist sehr schade. Die haben mein Konzept leider nicht verstanden und das war alles sehr mühsam. Ich habe sogar Regisseur und Schauspieler Ian MacNaughton von „Monty Python’s Flying Circus“ mit rein gebracht. Der konnte kein Deutsch und das war ihnen schon zu anstrengend usw. Schade, denn dein Vater hat eine großartige Arbeit gemacht. Egal. Es kamen noch zahlreiche andere Sendungen und Auftritte danach.
Um auch mal wieder auf das Thema Essen zu kommen…
Ron: Ich habe auch sehr viel im TV gekocht. Bei Lafer, Biolek und damals auch in der Sendung von Thomas Gottschalk. Das gibt es auch auf YouTube. Da haben wir Hamburger gemacht. Das war auch sehr schön. (Thommy’s Kochstudio, 1987)
In unserer Familie war Essen sehr wichtig und es wurde viel gekocht. Meine Tante Marian hat das beste Chicken gemacht. Sie hat das Huhn gewürzt, angebraten und dann in den Ofen geschoben. Das Fleisch war so zart, dass es vom Knochen fiel. Ich koche auch sehr gerne.
Hast du auch ein Lieblingsgericht?
Ron: Gumbo. Das gibt es hier gar nicht. Meine Tante, sie kommt aus Louisiana und hat das immer gekocht. Das ist ein Eintopf.
Sigrid: Ein kreolisches Gericht.
Ron: Ein Bohneneintopf mit Fleisch, Fisch, Shrimps. Dazu gibt es Reis. Du stirbst, wenn du das isst. Es ist so lecker.
Sigrid: Ich kann das bestätigen, wenn Ron zu Weihnachten Gans oder Truthahn zubereitet, dann ist das sensationell. Geflügel kann er besonders gut, aber auch andere Sachen. Das schmeckt immer sehr gut!
Ron: Ich bin liiert mit einer Dame von den Philippinen und sie kocht sehr gut. Auch mit Tofu und Gemüse.
Apropos liiert. In deiner Bühnenshow „Hautnah“ erzählst du von deinen zahlreichen Begegnungen mit prominenten Persönlichkeiten. Du warst mit Donna Summer zusammen?
Ron: Ja, drei Jahre lang.
Du hast sehr viele Stars getroffen. Wie war das mit Tina Turner?
Ron: Tina traf ich in den 1970ern über meine damalige Freundin Judy Cheeks. Tina erzählte von einer Hellseherin in den USA, die in ihre Zukunft geschaut hat. Carol Dreyer, den Namen vergesse ich nie. Sie hatte vorhergesehen, dass Tina und Ike sich trennen würden. Das war eine furchtbare Zeit für Tina damals. Die Karriere war plötzlich vorbei. Keine Auftritte, sie traten ja immer zu zweit auf. Die Hellseherin sagte ihr aber auch, dass sie eine zweite Karriere haben wird und sie noch größer und erfolgreicher sein wird. Du brauchst keinen Ike, du wirst alleine ein Superstar. Tina hatte Judy und mir die Adresse der Hellseherin gegeben, denn sie sollte auch unsere Zukunft vorhersagen. Das haben wir gemacht und sind zu ihr hin. Eine tolle, gutaussehende Frau. Tina hatte uns gesagt, wir sollten einen Kassettenrekorder mitnehmen, um das Gespräch aufzuzeichnen. Und wir durften nicht reden während der Aufzeichnung, sondern nur dasitzen und zuhören. Später kam auch raus, dass diese Wahrsagerin auch einem gewissen James Jimmy Carter, einem Erdnuss-Farmer aus Georgia, vorhersagte, dass er mal Präsident der Vereinigten Staaten wird.
Haha, ja, der Frau sollte man dann wohl glauben…
Ron: Judy und ich sind also da. Wir haben geschwiegen und sie angesehen. Carol Dreyer sagte zu mir: „Sie werden eines Tages weltweit zu sehen sein.“ Du musst wissen, das war in den 1970er Jahren und da wusste ich noch gar nicht, wohin meine Reise geht. Dann weiter: „Es wird ganz was anderes sein, als dass was sie jetzt machen.“ Danach wendete sie sich an Judy: „Ich sehe einen großgewachsenen Mann am Klavier. Ich sehe ein Haus am See. Palmen und Wasserfontänen. Sie werden mit diesem Mann etwas zu tun haben und das wird sehr erfolgreich.“
Nach dieser Sitzung fuhren wir wieder nach Hause. Und irgendwann später bekam ich einen Anruf von Udo Jürgens. Ich kannte ihn schon. Wir haben uns in den 1960ern Jahren kennengelernt. Und er sagte zu mir: „Ron, ich bin Produzent von einem neuen Musical namens „Tell“. Ich möchte das du die Hauptrolle spielst.“ Regie führte Klaus Überall, der Ehemann von Katja Ebstein, der aber auch leider schon verstorben ist. Als es mit den Proben zum Stück los geht, nehme ich Judy mit und eines Tages lädt uns Udo zu sich nach Hause ein. Nach dem Essen setzt sich Udo ans Klavier und spielt. Dann fragt er Judy, sie soll doch gerne mitsingen. Er ist so begeistert und möchte mit ihr ein Duett singen…
Er ist der großgewachsene Mann am Klavier…
Ron: Du kannst es im Internet sehen. Den Song gibt es. (Das Stück gibt es tatsächlich: „Einmal wenn du gehst“, 1977 ) Und wo wurde der Song aufgenommen? In einem Studio am Genfer See. Mit Palmen und Fontänen. Und der Mann am Klavier, Udo Jürgens. Das Ding wurde ein Hit. Meine Karriere blieb stehen und Judy kam ganz groß raus.
Und die Hellseherin hat das alles gesehen? Verrückt.
Ron: Und dann kommt meine Geschichte dazu. Ich laufe durch die Kölner Altstadt. Es war ein heißer Tag. Komme an einem Steakhaus vorbei und höre jemanden schreien: „Herr Williams, Hallo? Ich drehe mich um und da steht ein Mann und winkt mir zu. Er bittet mich rein und da sitzt der Chefredakteur der Deutschen Welle Fernsehen und sie machen eine Sendung „Focus on Europe“, die weltweit ausgestrahlt wird. Und ich soll der Moderator werden. Sieben Jahre lang habe ich das gemacht und war weltweit zu sehen. So, wie die Wahrsagerin es gesagt hat.
Wie konnte sie das wissen? Glaubst du an Vorhersehung?
Ron: Meine Großmutter konnte das auch. Es gibt Leute, die können Dinge vorhersehen.
Mit Tina Turner stimmt es ja auch. Sie wurde ein Superstar…
Ron: Ich werde demnächst für eine Reportage über Tina Turner berichten, als Zeitzeuge. Wie wir sie damals vor Ike beschützt und sie bei Freunden in Stuttgart versteckt haben. Er hat damals ziemlich viele Drogen genommen. Sie hat eine schlimme Zeit durchgemacht.
Mit deinen Geschichten kannst du eine ganze Reihe von Büchern schreiben. Das sind tolle Erinnerungen.
Ron: Diese ganzen Begegnungen waren immer Zufall.
Da waren aber bestimmt auch mal ein paar Arschlöcher dabei?
Ron: Nein, ich habe immer Glück gehabt. Mit Ralf Siegel war es etwas anstrengend. Mit ihm habe ich im Studio ein paar Mal gearbeitet. Mit Wolfgang Neuss hatte ich viele und lange Gespräche. Willy Brand habe ich getroffen. Ich war für die Deutsche Welle dabei, als die Mauer fiel. Mit Oskar Lafontaine war ich für lange Zeit per Du befreundet. Bei seinem Bundeswahlkampf gegen Kohl war ich als Moderator dabei. Wir haben nächtelang über Politik diskutiert und zusammen Bier getrunken. Er ist ein brillanter Kopf. Ich habe keine Probleme mit Leuten ins Gespräch zu kommen. Ich bin Sternzeichen Wassermann. Auch damals als ich nach Deutschland kam. Da habe ich als Butler gearbeitet und immer wieder das Gespräch gesucht. Ich wollte dieses Volk kennenlernen und verstehen.
Hast du nie bereut nach Deutschland gekommen zu sein?
Ron: Bereut nicht. Wenn ich zurückdenke und mich daran erinnere, was ich in Amerika alles erlebt habe. Von Polizisten verhaftet. Mir wurde eine Pistole an den Kopf gehalten, weil ich nachts in einem Rolls Royce von einem Freund gefahren bin. „Neger im Rolls Royce“, das gibt es nicht. Das habe ich alles erlebt. Wenn du dich dann auch noch politisch äußerst, dann bist du sofort auf deren Radar. Das ist leider so.
Und hier in Deutschland? Was hast du da für Erfahrungen gemacht?
Ron: Hier habe ich auch schon Morddrohungen bekommen. Als ich bei „Blues Brothers in Prison“ gespielt habe, brauchte ich Personenschutz. Nazis haben mir und meiner Familie gedroht. Heute ist es fast noch schlimmer. Jeder kann seinen Hass tweeten, siehe Trump und es ist sofort weltweit zu sehen. Das ist beängstigend, was da auf uns zu kommt und sehr gefährlich.
Du setzt dich schon lange gegen Rassismus ein und gehst auch an Schulen.
Ron: Ja, das mache ich schon lange. Aber das ist auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Es ist sehr schwierig daranzukommen. Es ist ein langer Prozess. Und es sind nicht immer nur die weißen Rassisten. Im Amerika hörst du den Hass auch von Schwarzen. Sie sind historisch nicht gebildet und denken, alle Weißen sind böse und Rassisten. Das Problem ist, sie sind nicht informiert. Um dieses Wissen aufzubrechen braucht man Jahrzehnte. Und wenn dann auch noch so jemand wie Trump an der Macht ist… Schau dir Italien an, Spanien…
Großbritannien, Brasilien, die Liste ist lang…
Ron: Die alle wollen, dass das demokratische System nicht besteht. Und wenn wir nichts dagegen tun, dann ist die Welt verloren. Das geht so schnell.
(Leider werden wir von der netten Wirtin unterbrochen. Letzte Runde war schon lange und wir sind die letzten Gäste.)
Ron: Jetzt sind wir wieder abgekommen vom Thema.
Ich glaube, wir müssen uns noch mal treffen. Aber vielleicht noch eine Schlussfrage. Musik und Essen passen zusammen, wie…
Ron: Wenn beides gut gemacht ist, dann tut das einem gut. Musik ist Essen für die Seele. Oder Futter für die Seele.
Futter für die Seele. Das mag ich. Vielen Dank!
Danach wartet Ron noch mit mir auf mein Taxi ins Hotel. Er zeigt mir Bilder von seinen Kindern. Tochter Ariane hat ihre eigene Band und mit seinem Sohn Julian stand er zuletzt bei „Onkel Toms Hütte“ gemeinsam auf der Bühne. Er ist sehr stolz auf seine Familie. Wir plaudern noch über gesundes Essen und dass er sich mit Meditation fit hält. Und dann sagt er mir noch, dass man immer auf sein Bauchgefühl hören soll. Das sei, wie beim Essen, wenn man merkt, hm, da stimmt was nicht, das vertrage oder mag ich nicht, dann sollte man dieses Gericht oder eben diesen Menschen einfach meiden. Zu Ron Williams sagt mein Bauchgefühl, dass ich mich auf eine weitere Begegnung und die kommenden Projekte von ihm sehr freue.
Vielen herzlichen Dank, lieber Ron Williams.
Support your Schleckermäulchen Berlin. Herzlichen Dank und Guten Appetit!
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